Mittwoch, 1. Juni 2022

Wieviel Ackerfläche nutzt Österreich für Biokraftstoffe?


Das ist eine Frage, die nicht leicht zu klären ist. Weil dies aber wichtig ist für unsere Energiezukunft soll das am Beispiel Biodiesel und Bioethanol eruiert werden.

Im Jahr 2020 wurde in Österreich 292.583 t Biodiesel produziert. Ein sehr großer Anteil stammt aus Altspeisefett und zB. tierisches Fett. Ein knappes Drittel kommt in Form von Ölfrüchten vom Acker und zwar hauptsächlich Raps (28%) und etwas Soja(4%). Da in Österreich die Erntemenge an diesen Ölfrüchten deutlich darüber liegt, kann davon ausgegangen werden, dass fast alles auf inländischen Äckern produziert wurde. Der Flächenbedarf für diese beiden Ackerfrüchte beträgt in Summe knapp 67.000 ha. Der Energieertrag 2020 aus den angeführten Rohstoffen liegt bei etwa 962 GWh.


Zur Erzeugung von Bioethanol besteht ein großes Werk in Niederösterreich dessen Produktion derzeit etwa zur Hälfte exportiert wird. Insgesamt wurden 2020 in Österreich 175.448 t Bioethanol hergestellt. Knapp 70% der Menge wurde aus Mais (32%) und Getreide (37%) erzeugt. Es ist davon auszugehen, dass diese Feldfrüchte in Ostösterreich geerntet worden sind. Entsprechend den unterschiedlichen Erträgen ist in Summe eine Fläche von etwas über 52.000 ha für die Produktion erforderlich. Der Energieertrag 2020 aus diesen Rohstoffen liegt bei etwa 968 GWh. 


In den angeführten Energieerträgen von zusammen knapp 2.000 GWh bleibt unberücksichtigt, dass für Bodenbearbeitung, Düngung, Transport, Verarbeitung usw. schon etwa 1400 GWh an - zu einem erheblichen Teil - fossiler  Energie eingesetzt werden mussten. Der reine Energieertrag bei beiden Treibstoffen zusammen ist somit nicht höher als 600 GWh (das entspricht weniger als 1% des jährlichen Stromverbrauchs in Österreich).


Weitere Nachteile oder Vorbehalte bei dieser Art von Energiegewinnung:

  • Grund- und Oberflächenwasser Beeinflussung durch Düngung

  • Wasserverbrauch für Bewässerung

  • Einsatz von Spritzmitteln (u.a. Herbizide wie Glyphosat) sowie Neonicotinoiden

  • Hohes Treibhausgaspotenzial des anfallenden Lachgases (Überkompensation des Beitrags zum Klimaschutz)

  • Bedarf an Agrarförderung

  • Sehr schlechte Energieeffizienz in der späteren Nutzung (analog fossiler Energie)


Und was ist die Alternative?

Die Produktion von Ölsaaten zur Treibstoffproduktion benötigt natürlich vor allem Sonnenenergie. Es soll deshalb abgeschätzt werden, wieviel Energie bei direkter Umwandlung der Sonnenenergie auf diesen Flächen gewonnen werden kann. Es geht also um eine Gesamtfläche von knapp 120.000 ha. Je Hektar ist die Errichtung von Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von ca. 750 kWp möglich. Damit könnten in Ostösterreich aus der angeführten Fläche etwa 107.000 GWh oder 107 Terrawattstunden (TWh) pro Jahr an elektrischer Energie erzeugt werden. Zum Vergleich: 2020 wurden in Österreich insgesamt etwa 70 TWh elektrische Energie verbraucht. Die für Biokraftstoffe benötigte Fläche würde also alleine ausreichen um etwa 50% mehr Strom zu erzeugen als aktuell hier verbraucht wird.


Ja, aber:

So manche Mitbürger*innen wollen keine Freiflächen-Photovoltaik, weil das die Natur zerstöre.

Warum genau das Gegenteil bereits erwiesen ist, kann im diesbezüglich am 22.4. geschriebenen Beitrag nachgelesen werden.


Günter Bramböck


3 Kommentare:

  1. Aus "DER SPIEGEL":
    Biodiesel und Nahrungsmittelkrise
    19 Millionen Flaschen Raps- und Sonnenblumenöl landen in Autotanks – täglich
    Nahrungsmittel werden immer teurer und in manchen Erdteilen wächst der Hunger. Dennoch verbrennt die EU Zehntausende Tonnen Lebensmittel als Biosprit, kritisiert ein Bericht.
    23.06.2022, 10.41 Uhr
    https://www.spiegel.de/auto/biodiesel-und-nahrungsmittelkrise-19-millionen-flaschen-sonnenblumenoel-landen-in-autotanks-taeglich-a-2e83f5f8-0471-4db6-a072-5e9481bd3253

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  2. Grundsätzlich bin ich was die Biodieselproduktion betrifft Ihre Meinung, ABER: Der Fairness halber hätten Sie erwähnen sollen, dass zur Herstellung der PV-Module auch Energie benötigt wird. Und nicht einmal wenig. Laut einer Publikation von Ferruccio Ferroni und Robert Hopkirk im wissenschaftlich begutachteten Fachmagazin Energy Policy nämlich rund 1300 kWh pro Quadratmeter Solarpanel plus erforderlichem Zubehör (noch ohne Transport, Aufstellen der Anlage etc.!). Rund 80 Prozent der Panels werden außerdem in China hergestellt. Der chinesische Strommix besteht zu zwei Dritteln aus Strom aus Kohlekraftwerken. Also ist auch hier reichlich fossile Energie im Spiel. Wenn Sie die Biodieselproduktion einer ganzheitlichen Betrachtung unterziehen, warum dann nicht auch die PV-Anlagen?

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    1. Ja, solche Rechnungen kann man auch anstellen. Die 1300 kWh sind bei uns nach spätestens 5 Jahren kompensiert und dann gibt es mindestens 30 weitere Jahre jedes Jahr etwa 250 kWh Ertrag an höchstwertiger Energie ohne die geringste Umweltschädigung. Eine Nutzung der PV zur Herstellung von e-fuels würde Ihre Rechnung noch deutlich verschlechtern.
      Beim Biosprit ist der Netto-Ertrag je m² Ackerfläche etwa 0,3 kWh/Jahr und das um den Preis von Monokultur, Düngemittel, Spritzmittel und allenfalls Wasserverbrauch für Bewässerung.
      Ja, es müsste schon längst ein CO2-Zoll auf Importe erhoben werden, damit die Produktion vermehrt hier erfolgt.
      Jedenfalls ist das Verbrennen dieses ohnehin marginalen Netto-Ertrags im Explosionsmotor mit seinen durchschnittlich bestenfalls 25% Wirkungsgrad nicht als "Umweltpolitik" zu bewerten.

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