Mittwoch, 6. April 2022

Der Strommarkt ist sehr komplex und intransparent, oder?


Ist das so und weshalb sehen fast alle Menschen das so? Hier schrittweise ein Versuch, ein wenig Licht in die Funktionsweise und etwas Ordnung in die Begriffe zu bringen. Es ist eine Welt, die man sich nur nach und nach erschließen kann. Deshalb soll in mehreren kleinen Beiträgen dieser Markt ein wenig verständlicher werden. Beginnen wir bei Ihnen, beim Stromverbraucher.

Der Stromverbraucher ist direkt nur mit zwei Marktfunktionen konfrontiert. Dem Betreiber des Stromnetzes einerseits und dem Lieferanten der Energie andererseits. Die Trennung erfolgte vor gut 20 Jahren im Bestreben, auch bei Energie, welche über Leitungen bereitgestellt wird, einen Wettbewerb einzuführen. Man behauptete, dass für den Konsumenten erhebliche Kostensenkungen möglich wären. Strom z.B. wurde tatsächlich relativ zum Einkommen deutlich günstiger. Ob das ohne Wettbewerb nicht möglich gewesen wäre, sei dahingestellt.

Das Stromnetz ist unsere physische Verbindung zu den (großen) Erzeugungsanlagen. Die Kosten der Netzbetreiber für die Erhaltung und den Ausbau der Stromnetze werden über regulierte Tarife abgedeckt, weil diese Marktfunktion zwangsläufig ein Monopol bleiben muss. Diese Preise sind nicht verhandelbar und es muss die maximale Leistung, auf welche der Netzanschluss ausgelegt ist, vereinbart werden.

Der Strom, bzw. richtig - die elektrische Energie - kann mit bestimmten Voraussetzungen in einem Wettbewerb frei gehandelt werden. Die Voraussetzungen liegen zunächst einmal in einer genauen Messung von Einspeisung in das Netz und Entnahme aus dem Netz durch die angeschlossenen Anlagen, unabhängig, wem diese gehören. Strom fließt physisch immer zwischen den am nächsten miteinander verbundenen Quellen und Verbrauchern. Elektrische Energie kann nicht auf definierten Wegen durch das Stromnetz geleitet werden.

Das erfordert ein Umdenken um einen Markt einzurichten. Die Lieferanten mieten nicht einen Pfad durch das Netz, sondern sie müssen dafür sorgen, dass zu jedem Zeitpunkt so viel Energie aus Quellen in das Stromnetz eingebracht wird, wie seine Abnehmer gerade verbrauchen. Es geht also nicht um den Weg, sondern um die Zeit. Mit den Messungen bzw. Zählern werden die Mengen ständig für jede kurze Zeiteinheit von 15 Minuten festgehalten. Soweit Zähler das nicht können, greift man vorerst auf typische Verbrauchsverhalten zurück. Mit der zeitlichen Erfassung aller Stromflüsse ist es möglich, wie bei einer Buchhaltung mit Soll und Haben für jede Viertelstunde eine Bilanz zu ziehen. Diese Bilanz wird von einer unabhängigen, neutralen Stelle gemacht, damit es nicht zu Manipulationen kommen kann. Das ermöglicht nun grundsätzlich den freien Handel von elektrischer Energie in einem stabilen System.

Was zunächst einmal ein einfaches Prinzip ist, erwächst in der Vielfalt der Stromerzeugungsanlagen und der extrem unterschiedlichen Verbrauchsgewohnheiten zu einem sehr komplexen System. Dessen Grundsätze zu durchschauen ist eigentlich nicht so schwer, wenn da nicht die Vielfalt der Reaktionsmöglichkeiten der Marktteilnehmer wäre.

In den nächsten Beiträgen werde ich also versuchen, die prinzipielle Funktionsweise der Stromversorgung etwas verständlicher zu machen. Wenn es Euch interessiert, bleibt dran.

Günter Bramböck

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen