Donnerstag, 16. November 2023

Schlussfolgerungen aus der Energiepreiskrise

Ein wiederkehrendes Thema. Das Bild rechts aus 1988

Das Virus hat die Wirtschaft nach 2020 aus dem Takt gebracht. Die folgende wirtschaftliche Erholung und damit die Nachfrage nach Rohstoffen und besonders Energie war im Zeitrahmen wie auch im Ausmaß nicht einschätzbar. Vor allem die schnelle Erholung der Märkte war für fast alle überraschend. Kaum gedeckte Nachfrage führt in einer liberalen Marktwirtschaft zu massiv steigenden Preisen, was dann vor allem 2021 eingetreten ist. Als sich die Lage wieder leicht zu beruhigen schien, kam der unerwartete Überfall auf die Ukraine. Dieser war von Russland schon vorbereitet worden, indem zum Beispiel Gazprom den von ihr zur Gänze angemieteten zweitgrößten unterirdischen Gasspeicher Mitteleuropas nicht vor dem Winter füllte. Damit wurde das Angebot knapp und verunsicherte den Markt. Traditionell haben Gas- und Ölpreise den entscheidenden Einfluss auf die Strompreise. Mit der von der Bundesrepublik beschlossenen Stilllegung der Kernkraftwerke sah Putin offenbar eine Chance, die Einnahmen aus dem Energiegeschäft massiv zu steigern. Das war für ihn eine Absicherung des inzwischen gestiegenen Wohlstands in seinem Reich trotz der zu erwartenden Kriegskosten. Zuletzt noch die Nachricht zum Ende des Gastransitvertrages mit der Ukraine Ende nächsten Jahres. Die österreichischen Energiekunden wollten allerdings von dem dank verlässlicher Lieferung des Erdgases und der eigenen Wasserkraft entstandenen Dogma einer gesicherten Energiezukunft nicht abrücken und hoff(t)en auf die baldige Wiederherstellung der alten Gegebenheiten.

Den wenigsten Menschen in unserem Land ist bewusst, wie sehr der allgemeine Wohlstand von der Verfügbarkeit günstiger Energiequellen abhängt. Wenn die Preise der Energiearten so stark steigen wie in den vergangenen Jahren, wirkt sich das unweigerlich auf die Leistbarkeit des täglichen Lebens aus. Heizung, Mobilität und auch Lebensmittel wurden massiv teurer und die Einkommen konnten meist nicht mithalten. Die zuvor niedrigen Preise waren verlockend, in größere Wohnungen und Autos, in weite Reisen und Wellness zu investieren. Damit ist der individuelle Energiekonsum, meist aus Prestigegründen, weiter angestiegen. Mögliche Auswirkungen hoher Energiepreise wurden außer Acht gelassen. Dazu kommen das geringe Interesse und vielfach fehlendes Wissen über Energie und deren tatsächlichem Verbrauch.

Die Energiewende wurde oft als Spinnerei abgetan oder in die alleinige Zuständigkeit der staatlichen Institutionen abgeschoben. Sie darf keinesfalls den persönlichen Wohlstand und Freiheiten beeinträchtigen und überhaupt wurde angezweifelt, dass die von der EU geforderten Ziele jemals umsetzbar sein würden. Und so kümmerte sich die Mehrheit nicht weiter darum, fühlte sich mit diesem Thema eher schon genervt.

So manche haben die möglichen Energieeinsparungen oder eigene Erzeugung in Erwägung gezogen, dann aber die Sache liegen gelassen, weil sie sich zum jeweiligen Zeitpunkt nicht gerechnet hat. Mit den enormen Energiepreissteigerungen waren aber auch die Kosten der möglichen Maßnahmen stark gestiegen und die Handwerker nicht mehr zu bekommen. Also tröstete man sich damit, dass das alte Preisniveau ohnehin bald wieder zurückkommen möge.

Als sichere Wertanlage wurden Immobilien gesehen, was entsprechend der stark gestiegenen Nachfrage zu enormen Preissteigerungen geführt hat. Kaum jemand hat sich überlegt, dass diese Immobilien, um Ertrag zu bringen, beheizt werden und dann noch immer leistbar sein müssen. Man sah die Realitäten wie Wohnungen usw. als Wertanlage an sich, ohne sich des Einflusses durch den Immobilienmarkt bewusst zu sein. Heute steht bei Mietangeboten die Frage nach den Heiz- bzw. Betriebskosten ganz am Anfang der Entscheidung zum Geschäftsabschluss.

Der tatsächliche Wert von Einfamilienhäusern wird zunehmend von der Bausubstanz, besonders der Wärmeisolierung und allfälliger Verfügbarkeit erneuerbarer Energie durch Photovoltaik und Wärmepumpe beeinflusst. Besonderer Komfort verliert immer mehr an Bedeutung, wenn er zusätzliche laufende Energiekosten verursachen könnte. Der eigene Garten wird wichtiger, selbst wenn er Mehrarbeit verursacht. Die Möglichkeit, sich eine teilweise Selbstversorgung schaffen zu können, gewinnt an Attraktivität.

Immer mehr Menschen werden sich dessen bewusst, und wer eventuell dazu in der Lage ist, hat sich schon Gedanken über die Einsparung von Energie gemacht oder die Möglichkeit, die laufenden Kosten durch energiebezogene Investitionen auf Dauer zu senken. Es macht jedenfalls mehr Sinn, zunächst einmal auf Wärmeisolierung, eine Photovoltaik oder eine Wärmepumpe zu sparen, statt auf ein größeres Auto. Vielleicht ist das Geld besser angelegt in eine Investition zur Senkung der laufenden Kosten als in einen Wochenend-Einkaufstrip in eine ferne Metropole. Zusätzlich erhält das Geld damit auch die Verdienstmöglichkeiten im eigenen Land.

Bestimmt haben viele schon einmal den Satz gehört: “Das Sparen kann man von reichen Leuten lernen.” Das trifft jedenfalls ganz besonders auf die Energie zu.

Günter Bramböck

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