Montag, 2. Mai 2022

Es stinkt, sie vergeudet Energie und ist deshalb nicht zukunftsfit



Und deren Betrieb wird in nächster Zukunft wesentlich teurer. Eine Richtigstellung und Ergänzung zum Beitrag vom 28.4.


Auch unsere Abwässer werden in der Zentralkläranlage Mödling behandelt. Vor gut hundert Jahren war es eine moderne Einrichtung aber die technische Entwicklung ist nicht stehen geblieben. Moderne Anlagen dieser Größenordnung sind wesentlich energie-effizienter und man riecht sie auch weniger. Der Energieverbrauch hängt hauptsächlich von der technischen Konzeption der Anlage ab. 


In dieser Kläranlage wird das sogenannte Belebtschlamm-Verfahren eingesetzt, bei welchem der organische Teil des Abwassers durch Belüftung geklärt wird. Ziel ist das Vermindern der organischen Schwebstoffe, des chemischen und des biologischen Sauerstoffbedarfs sowie insbesondere des Stickstoffgehalts im Abwasser. Der Stickstoff wird durch ein sensibles Verfahren letztlich an die Luft abgegeben (welche ohnehin zu mehr als ¾ daraus besteht), damit die Gewässer nicht damit belastet werden. Dafür muss die Bindung von Stickstoff und Wasserstoff aufgebrochen werden. Methan wird dabei (entgegen meiner Behauptung im vorigen Beitrag zu diesem Thema) nicht abgegeben.


Die Alternative ist das Aufbrechen dieser Stickstoff-Verbindung in einem sogenannten Faulturm. Dabei wird verhindert, dass der Abbau mittels Sauerstoff erfolgt. Der Wasseranteil wird zuvor reduziert und der Schlamm etwa 15-20 Tage in dem Faulturm gehalten. Die energieintensive Belüftung entfällt, nur für ein Rührwerk wird relativ wenig Strom gebraucht. Zusätzlich gewinnt man Biogas, welches zu etwa ⅔ aus Methan besteht. Nach einem  Reinigungsprozess kann das Methan wie Erdgas eingesetzt werden. In diesem geschlossenen System dringt auch kein Geruch nach außen.


Die gesamte Energiebilanz ist bei einer Abwasserreinigungsanlage mit Faulturm wesentlich günstiger als bei jener mit Belebtschlamm-Verfahren (wie in der Mödlinger Anlage). In dieser Anlage könnten etwa 250.000 m³ Methan gewonnen werden. 


Warum ist diese Frage nunmehr drängender denn je? Bekanntlich sind die Energiepreise erheblich gestiegen. Der Preis elektrischer Energie (exkl. Netzkosten)  hat sich in den vergangenen 12 Monaten etwa vervierfacht. Es ist nicht damit zu rechnen, dass er wieder unter das Doppelte fällt. Wenn für die Kläranlage ein aktueller Stromverbrauch von grob 6,000.000 kWh/Jahr angenommen wird, steigt der Energiekostenanteil des verbrauchten Stroms von rd. 360.000 EUR/Jahr auf rd. 1,650.000 EUR/Jahr. Würden Faultürme eingesetzt, wäre der Stromverbrauch wahrscheinlich etwa halb so hoch und entsprechend auch die Stromkosten. Der aktuelle Wert der oben genannten Biogasmenge liegt derzeit bei etwa 150.000 EUR/Jahr.


Leider genügt es nicht, einfach zwei Faultürme zur Kläranlage dazu zu bauen. Die Biogasgewinnung baut auf einem weitestgehend anderen Behandlungsverfahren auf, was eine komplette Neukonzeption der Kläranlage erfordert.


Im Hinblick auf die politischen Ziele und bei solchen energetischen Vorteilen sollte jedoch umgehend eine Kalkulation erfolgen. Diese muss den Beitrag zur Reduktion des  Putin-Gas-Bezugs berücksichtigen und auf Basis der auf lange Frist deutlich erhöhten Energiepreise erfolgen.


Nur so nebenbei festgestellt: mit der möglichen Einsparung beim Stromverbrauch dieser Kläranlage könnten ca. ⅔ der Biedermannsdorfer PKW elektrisch betrieben werden, was einer Einsparung von rd. einer Million Liter Treibstoff/Jahr entspräche. Es wäre also ein doppelter Gewinn, sowohl für unsere Geldbörsen als auch für die Umwelt.


Günter Bramböck